Sonntag, 9. September 2018

Nachtrag Seminar, Abschied, Flug, Ankunft, die ersten Tage

Der sechste Tag in Kampala neigt sich dem Ende zu und ich denke es ist so langsam an der Zeit, etwas von mir zu geben. Zunächst vielleicht einmal einen kurzen Nachtrag zum Ausreiseseminar in Hamburg:
Das zwölftägige Seminar fand im Stadtteil Altona, in einer alten Kaserne aus dem 19. Jh. statt. An die Kaserne erinnert höchstens noch die ein oder andere Gravur in den Backsteinen, ansonsten befindet sich das gesamte Gebäude im Umbau, wobei das „dock europe“ (unsere Unterkunft, die ebenfalls die Seminarräume zur Verfügung stellt) so gut wie fertig ist. So haben wir also die knapp zwei Wochen in einem, für mich, sehr modern und individuell gestalteten Ort gewohnt, gekocht, gelernt und uns gegenseitig kennengelernt.
Insgesamt wurde unsere Rolle als (privilegierte) Weiße und als Freiwillige in einem Land des globalen Südens immer wieder kritisch hinterfragt, gleichzeitig erkundeten wir Hamburg auf der Suche nach kolonialen Überresten, machten Filmabende (mit äußerst empfehlenswerten Filmen und Dokumentationen), stärkten uns als Gruppe auf spielerische Art und Weise, klärten letzte Formalia und unsere Packliste, diskutierten viel, lachten, feierten (riesiges Straßenfest in unserem Viertel) und, und, und.
An dieser Stelle möchte ich einen wichtigen Appell an Dich als Leser aussprechen; Solltest Du in meinen Blogeinträgen Fotos oder Texte finden, die in negativer Weise das Rollenklischee „Afrika“ bedienen oder zu sehr verallgemeinern, weise mich bitte darauf hin. Wie man einen Blog oder auch Video-Blog nicht führen sollte, haben wir uns natürlich auch angeschaut, aber dennoch kann es passieren, dass ich mit meinen Bildern oder Worten in die Falsche Richtung rutschen kann.
Kritisch zu betrachtende Phrasen wären beispielsweise: „Hier sind alle...“, „Das machen hier alle so.“. Weitere Beispiele und Tipps gibt es in der Broschüre „Mit kolonialen Grüßen“ (online verfügbar) oder auf der Website von „Radi-Aid“. Fragen einfach in die Kommentare oder an meine neue Nummer: +256 788 50 44 84
Empfehlenswerte Filme und Dokumentationen sind: „Süßes Gift“, „Fuck White Tears“, „Der älteste Schüler der Welt“, „Queen of Katwe“, „Danger of the Single Story“, "The Last King of Scotland" und sämtliche YouTube Videos von „Radi-Aid“, wie zum Beispiel „Who Wants to be a Volunteer?“ oder "Let's save Africa! - Gone Wrong". Du kannst einfach auf die Titel klicken, dann öffnen sich die entsprechenden Seiten.

Nun aber zum eigentlichen Thema: Reise, Ankunft und die ersten Tage.
Nach der kleinen Abschiedsfeier am 28.8. mit Freunden und Familie, nutzte ich die restlichen Tage, um zu packen und meine erste Heimat noch ein wenig zu genießen. Am Bahnhof (2.9.) hieß es dann: „Bis später!“, und mit einigen Tränen in mancherlei Gesicht fuhr der Zug nach Hannover los. Dort übernachtete ich bei einer alten Bekannten, welche mich äußerst herzlich bewirtete. Am 3.9. ab 10:00 hieß es dann rund 18 Stunden fliegen (Hannover – Istanbul – Kigali - Entebbe) und warten. Abgeholt wurden wir von unseren Koordinatoren Richard und Leonard, die uns auch in unserem neuen Zuhause abgeladen haben. Nach rund 4h Schlaf im eigenen Bett, klopfte Moshin, Sophias und mein Chef, um 11:00 schon an der Tür, um mit uns in der Stadt SIM-Karten und Geld zu holen. Nachdem das erledigt war, überzeugte Moshin uns vier (Joana und Pia waren ebenfalls die ersten Tage bei uns, weil sie wegen des noch fehlenden Gepäcks noch nicht nach Jinja fahren konnten), unsere erste „Boda experience“ zu machen. Ich kann mich nicht erinnern, in meinem Leben schon einmal auf einem Motorrad gefahren zu sein. Dementsprechend war die Fahrt zu dritt auf einem Boda (ein Motorrad-Taxi) gänzlich neu für mich.
Am nächsten Tag (5.9., mein 19. Geburtstag) stand eine „Induction“ auf dem Programm, alle Freiwilligen, die von VIA e.V. in Uganda eingesetzt werden, versammelten sich im Tavern Woods, im Stadtteil Rubaga, nahe der Rubaga Cathedral. Dort wurden wir herzlich von Richard, Leonard, Officer Stanley und Christian empfangen, die uns nützliche Tipps und Sicherheitshinweise gaben. Anschließend wurde zusammen gegessen.
Die darauffolgenden Tage verbrachten wir vier damit, einzukaufen, unsere Nachbarschaft zu erkunden, neue Gesichter zu sehen, die ersten Phrasen Luganda zu lernen, durch die Stadt zu fahren, eine Kunstausstellung zu bestaunen, einem Gottesdienst zu lauschen, Kinder beim Breakdance-Wettkampf (in derselben Kirche) zu bewundern und dem Regen (Regenzeit beginnt) zuzusehen.
Nachdem das Gepäck der anderen angekommen ist, konnten Joana und Pia (Sophia ist mitgefahren) mit Richard nach Jinja fahren und sich dort in ihrem Zuhause einrichten. Jan (ein VIA Freiwilliger, der schon seit 1 Monat hier ist), Patrick (ein Medizinstudent aus Kampala), Elsa (VIA Freiwillige), Hannah (ebenfalls VIA) und ich sind den anderen mit einem Taxi/Matatu von Kampala aus gefolgt, um uns Jinja anzusehen und das von einigen Leuten in den Himmel gelobte Nyege Nyege Festival zu besuchen. 80Km oft huckelige Straße hinter uns lag nun die Quelle des Nils und die Stadt Jinja vor uns. Weil es schon spät war, durften wir den Ausblick erst am nächsten Morgen genießen.
Das Festival war, wie auch zu erahnen, ein Hotspot für Weiße und jene Ugander, die die 200 000 Schilling (ca. 46€) für ein viertägiges Festival am Nilufer aufbringen können und wollen. Zwar traf das Festival meinen Musikgeschmack nicht (es lief viel Musik von Djs, die auch in Deutschland in den Charts ist, sowie traditionellere Musik), aber das gesamte Ambiente mit den Essensständen, dem Nil-Panorama, dem Wäldchen, den Lichterketten, Farben und Dekorationen war es wert.
Die Schule in Kampala geht am 17.9. wieder los, sodass noch ein paar Tage bleiben, um sich besser zurecht zu finden, diese Zeilen hier zu schreiben, vielleicht mit Moshin bei dem neuen Schulgelände unseres Projektes in Mpigi anzupacken, Wäsche zu waschen und ein wenig zu schlafen.

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