Sonntag, 23. September 2018

Abbruch und die erste Woche


Der 20. Tag (23.09.) neigt sich dem Ende zu. Seit den ersten Einträgen vom 9. und 10. September ist natürlich wieder viel passiert. Zunächst einmal hatte ich kurze Zeit nach dem Eintrag endlich meinen ersten unspektakulären Tag, an dem nicht viel außer Schlafen und Essen (Avocado, Pfannkuchen, Tee) passiert ist. Direkt nach dem ruhigen Tag ging es für Sophia und mich das erste Mal ins Projekt, um dort kurz vor Ende der Ferien die Tafeln frisch zu streichen und uns schon mal ein Bild zu machen. Nach Komplikationen mit dem Weg (Ivan holte uns schließlich in der Nähe ab), unterhielten wir uns mit Moshin im Office darüber, weshalb wir überhaupt das PCCP ausgewählt haben. Wieder zu Hause, kamen dann die ernüchternden Worte von Sophia. Sie könne sich das Projekt, mich als Mitbewohner und auch unsere Wohnsituation so nicht für ein Jahr vorstellen. In den nächsten zwölf Tagen, nach vielen Lösungsansätzen, Telefonaten und Gesprächen hat sich deshalb herauskristallisiert, dass sie den Freiwilligendienst definitiv abbrechen möchte. Falls kein sechswöchiges Praktikum mit einer Gastfamilie mit VIA e.V. möglich sei, so würde sie nach Deutschland zurück fliegen.

Ich lebte also die nächsten Tage bis heute ein bisschen an ihr vorbei, hatte dabei aber dennoch viel Freude und viel zu erleben. Zunächst einmal halfen die Tage ohne große Unternehmungen dabei, anzukommen, zu kochen, neue Freiwillige, Ugander, Deutsche, aber auch Kongolesen kennenzulernen. Wir besuchten zudem einen Graffiti- und Stickerworkshop im Goethe-Zentrum Kampalas. Dort werde ich zusammen mit anderen Freiwilligen voraussichtlich nächsten Monat einen zehnwöchigen Luganda-Sprachkurs besuchen (2 Einheiten die Woche, jeweils 2 Stunden), bei dem man am Ende sogar ein Zertifikat für ein bestimmtes Sprachniveau erhält.

Die erwähnten Kongolesen heißen Serge, Eddie und Gandhi. Sie wohnen drei Häuser neben uns und machen in Kampala gerade ihren Bachelor. Laut Serge ist der Kongo nicht nur so, wie man ihn durch die Medien in Deutschland immer zu hören bekommt: Krieg, Gewalt, Milizen, etc. Er kommt nämlich aus einer Großstadt und solche seien sehr sicher. Diese Klischees würden nur auf die Wälder und einige Dörfer zutreffen, in denen es Ressourcen zu holen gebe. Mit Serge habe ich mich am Tag darauf auf ein Bier getroffen und ein wenig mehr gequatscht. Das Bier war übrigens aus Uganda und ähnelte einem deutschen Weizenbier für mein Empfinden sehr stark.
Am selben Abend besuchte ich noch Jan, der ganz in der Nähe in Nsambya wohnt. Dort trafen wir Freiwilligen von verschiedenen Entsendeorganisationen (Vincent, Raphael, Jan und ich) uns zum Kochen und Kartenspielen. Ein sehr gelungener Abend.

Der Tag darauf war ein Montag (17.), sodass es hieß: die Schule geht los. Für 2000 Schillinge (UGX, ca. 45 Cent) fuhr ich also wie die kommenden Tage und dann auch Monate darauf mit einem Boda die Gogonya Road hoch bis ins Viertel Kabalagala, um dort den letzten Kilometer zwischen den Häusern und Läden zur Schule zu laufen. Nach einer kurzen „Jebaleko, ssebo!“ (in etwa so viel wie: „Hallo, Sir!“) an Moshin führte man mich schon in meine Klasse (P4, also Primary 4), die ich auch sofort alleine versorgen durfte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Also einen kleinen Herzkollaps später fing ich wegen der fehlenden Schüler (in der ersten Woche scheint es üblich zu sein, dass noch nicht alle da sind) sachte mit einer kurzen Begrüßung, Namensrunde und Kennenlernrnde an und startete mit dem ersten Thema: Addition von Geld. „The Sipro Teacher's Guide“, sowie das passende Arbeitsheft dazu stellen auch gleichzeitig das Kurrikulum dar. Diese Themen werden am Ende des Terms in entsprechenden Prüfungen abgefragt. Ansonsten steht mir frei, wie ich meinen Unterricht in P4 und P3 (Mathematik) gestalten möchte. Sophia hätte Englisch unterrichten oder zeitlich äquivalente Aktivitäten ihrer Wahl mit den Kindern der Schule (P1 bis P4, insgesamt circa 100 Schüler im Alter von 6 bis 11) leiten oder unterstützen können.

Mir hat die erste Woche in der Schule viel Spaß gemacht. Neben dem Unterricht habe ich bereits Schachbretter mit Ivan und Dravo gebaut und mit den von mir mitgebrachten gekauften Brettern Schach in meinen Klassen als Belohnung fürs gute Mitmachen in den Pausen etabliert. Bis auf eine Handvoll Schüler, hat nicht einmal Moshin vorher Schach gespielt. Und der hat im (Schach-) Film „Queen of Katwe“ (über ein Mädchen aus dem ärmeren Viertel Kampalas „Katwe“) mitgeholfen.

An den Nachmittagen (in der ersten Woche ging die Schule nur bis 13:00, regulär bis kurz nach 16:00 + 1 Stunde für Projekte) bin ich mit Brian (der Nachtwächter der Häuser) zum Viktoriasee gelaufen und gefahren (Sammeltaxi für je 500 UGX pro Fahrt, also etwa 12 Cent). Er hat mir dort den Ggaba Markt gezeigt. Fotos folgen natürlich. Mit ihm habe ich auch meine ersten Chapati (vergleichbar mit salzigen Pfannkuchen) und Rollex (Pfannkuchen mit Rührei – extrem lecker) gemacht und so manch eine Ananas verputzt. Ich habe ihn gebeten, einen Text über ein Thema seiner Wahl zu schreiben, den ich hier veröffentlichen darf. Somit wäre ich nicht das einzige Sprachrohr hier und Du als Leser bekommst noch eine andere Perspektive zu Gesicht. Sofern er den Text, den er vermutlich über seine Lebensgeschichte, fertigstellt, stelle ich ihn hier online. Wirklich spannende Geschichte.

Gestern ging es mit Moshin das erste Mal für mich mit seinem Motorrad nach Mpigi. Aufgrund des Verkehrs und den manchmal schwierigen Wegen und technischen Problemen mit der Maschine, brauchten wir für die 50km knapp zwei Stunden. In Mpigi (Stadt) haben wir noch schnell Proviant zum Kochen und ein etwa 5m langes Kunststoffrohr besorgt, das die letzten 12km selbstverständlich auf unseren Schultern auf dem Motorrad transportiert wurde. Kurz nachdem die Straße aufhörte und ein unbefestigter Weg anfing, konnte man das neue Schulgebäude am gegenüberliegenden Hügel sehen. Dort verbrachten wir die nächsten 10 Stunden zum Streichen der Fenster (mein Job), Reparieren des Wassertanks (Job der Pioniere des Projekts = die ersten Schüler, die in Kabalagala 2006 angefangen haben), Essen des Beef Stews, Essen meines ersten Zuckerohrs (sehr lecker und erträglich süß), Essen meiner ersten Cassava/Maniok (Wurzel, cremig, für mich eine Mischung aus Möhre und Kokosnuss), Teetrinken, Reden und Musikhören.
Ein wunderschönes Gelände mit viel Potenzial und Möglichkeiten. An manchen Stellen mangelt es aktuell einfach an Arbeitskraft, Zeit und Geld (siehe Spendenkampagne am rechten Rand, für Smartphone-Nutzer: auf Web-Version wechseln!).

Heute morgen war ich in meinem zweiten Gottesdienst in Kampala (das erste Mal in Rubaga, heute in Kabalagala). Auch dieser wurde mit Mikrofonen abgehalten und für meine Ohren war die Predigt, auf Englisch und Luganda, zu laut und übersteuert, sodass ich inhaltlich nicht viel mitnehmen konnte. Im Anschluss schüttelten wir uns gegenseitig die Hand und es wurde laut gesungen und getanzt.
Meine Bald-nicht-mehr-Mitfreiwillige verbringt die meisten Tage bei der ehemaligen Freiwilligen Maren.

Fragen? Stell sie!


Kochen und Essen mit anderen Freiwilligen bei uns.


Workshop im Goethe-Zentrum

Ausschnitt aus der Gogonya Road (mein Schulweg)

Innenstadt Kampalas aus der Ferne vom Makinye Hill

5m Rohr auf der Schulter auf dem Motorrad fürs Projekt

Moshin bei der Schule in Mpigi

Neuer Wassertank finanziert durch Spenden in Mpigi wird installiert.

Streichen der Fenster

Kochen des Mittagessens in Mpigi
Wäsche auf der Veranda

Pause auf dem Sportplatz

Die ersten Schachspiele

Bauen von Schachbrettern mit Ivan und Dravo





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